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Clara Viebig: Die vor den Toren (AudiobookFormat, German language, 1985) 4 stars

Berlin in den Jahren der Gründerzeit: Das rasante Wachstum der aus den Nähten platzenden Großstadt …

Interessant

4 stars

Ich hatte vorher noch nie von Clara Viebig gehört, dabei gehörte sie Anfang des 20. Jahrhunderts zu den meistgelesenen Autor*innen deutscher Sprache. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was im Deutsch-Untericht so alles unterschlagen wird. Das ist mir später bei den Autorinnen der Neuen Sachlichkeit nochmal aufgefallen. Ein eigenes Thema, zu dem ich mal meinen Frust herausschreiben sollte.

Aber nun zum Buch: Ich habe es in einer depressiven Phase gehört, weil ich dachte, dass eine ruhig erzählte Geschichte aus der Gründerzeit da vielleicht etwas hilft. So ruhig ist die Geschichte aber dann gar nicht. Sie spielt im Millieu wohlhabender Bauernfamilien in Tempelhof, das zur damaligen Zeit noch ein Dorf vor den Toren der Stadt war. Dazwischen das riesige Tempelhofer Feld, das in dem Buch eine wichtige Nebenrolle spielt. Manches hat sich nicht geändert: man wird dort von Bettelnden aus Rixdorf (heute Neukölln) angesprochen. ;) Die Expansion der Stadt und vor allem der Industrie führt dazu, dass das Land dieser Bauern plötzlich sehr viel wert ist. Die Umtriebe, zu einem möglichst guten Preis zu verkaufen, und Neid führen zu tragischen Ereignissen. Obwohl es sich um eher konventionelle Unterhaltungsliteratur handelt, werden die dunklen Seiten des Landlebens und der vermeintlichen Idylle beleuchtet. Die Sprache ist sehr zugänglich und das Hörbuch unterhaltsam gelesen. Ich war positiv überrascht.