Back
Jana Heinicke: Aus dem Bauch heraus (Paperback, Deutsch language, Goldmann) 5 stars

Superheldinnen des Alltags, sanft, geduldig, liebevoll: Mutterschaft gilt noch immer als das größte Glück und …

Scheitern mit System

5 stars

"Wer stellt denn diese hohen Erwartungen an Sie? Niemand. Das sind Sie ganz alleine", erklärte mir eine Therapeutin, als ich nach der Geburt meines Kindes wegen meiner Depression in Behandlung war. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich das so hin, jetzt weiß ich: Das Ideal einer Mutter, die hohen Erwartungen, werden uns Frauen in die Wiege gelegt. Innerhalb der Familie, der Gesellschaft, in Ratgebern, sogar in der Werbung wird uns immer suggeriert, wie wir als Mutter zu sein haben. Sanft, umsorgend, immer liebend, aufopfernd. Sind wir das mal nicht, oder nicht sofort nach der Geburt, wird schnell eine Anpassungsstörung diagnostiziert und uns wird u. A. abgesprochen, eine gute Mutter zu sein.

"Es ist ein grundfeministischer Akt, die Gefühle zu fühlen, die mit dem Muttersein einhergehen – und zwar nicht nur die gesellschaftlich akzeptierten" (S. 206).

In "Aus dem Bauch heraus" fasst Jana Heinicke in Worte, was ich in meiner Schwangerschaft, direkt danach und auch jetzt oft noch fühlte und fühle und selbst nie in Worte fassen konnte. Dabei zeigt sie, dass dieses Scheitern am Ideal nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Sie zeigt außerdem, wie das Ideal der guten Mutter überhaupt entstand und wozu; wie Frauen, die Kinder bekommen, plötzlich unsichtbar werden und welche Einflüsse Schwangerschaft und Geburt überhaupt auf die Frau selbst haben. Ihre eigenen Erfahrungen verknüpft sie dabei auch immer mit den Geschichten anderer Frauen und liefert, wo es sie gibt, Einblicke in Studienergebnisse und die aktuelle Forschungslage. Dieses Buch ist für die, die zweifeln, die hadern, mit sich und ihrer Rolle ringen. Es ist aber auch für die, die voll aufgehen in ihrer Rolle. Es ist für die, die ihre Rolle noch gar nicht kennen, und nicht wissen, was sie erwartet. Es ist für Väter, für Kinderlose, kurzum für alle. Es schafft so viel mehr Verständnis für (werdende) Mütter und macht wütend. Wütend auf die gesellschaftlichen Missstände.