Back
Wolfgang Koeppen: Das Treibhaus. (Paperback, German language, 2001, Btb Bei Goldmann)

Keetenheuve verstand die Ausschußsprache nicht mehr. Was redeten sie? Chinesisch? Sie sprachen das Ausschußdeutsch. Er beherrschte es doch! Er mußte es wieder verstehen. Er schwitzte. Er schwitzte vor Anstrengung, die Beratung zu verstehen; aber die anderen schwitzten auch. Sie wischten den Schweiß mit Taschentüchern auf; sie wischten sich über das Gesicht, sie wischten über die blanken Glatzen, sie wischten den Nacken, steckten das Taschentuch hinter den aufgeweichten Hemdkragen. Es roch im Zimmer nach Schweiß und Lavendel, und Keetenheuve roch wie sie: immer verweste etwas, und immer wieder versuchte man, mit Duftwasser den Geruch der Verwesung zu verstecken.

Das Treibhaus. by  (Page 103)

So sieht sie aus und fühlt sie sich an, die Bonner Tristesse. Was das Ausschußdeutsch angeht, so habe ich es während eines Praktikums im Bundestag auch so erlebt. Die Abgeordneten geben sich richtig Mühe, aber sie merken nicht, daß sie in ihrer eigenen Welt leben und ihre eigene Sprache sprechen.

Am Rande interessant: zweimal Semikolon als Satzzeichen in einem Absatz, wo das Semikolon doch eine recht seltene Form der Trennung einzelner Satzglieder ist, die aber doch irgendwie miteinander im Sinn verbunden bleiben sollen.