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Autorenkollektiv: Die Rosenburg (Paperback, deutsch language, 2016, bmjv.de) 4 stars

Die frühe Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit - Aufarbeiterkommissionen im Dialog. Vorträge gehalten am 26. April …

70 Jahre hat es gedauert, aber nun beschäftigen sich Ministerien mit NS-Vergangenheit

4 stars

Ich habe die Vorträge im Buch nicht zusammengefasst, aber auf meinem Blog über die Gedanken geschrieben, die ich beim Lesen hatte ➜ denkpass.de/2023/09/26/Rosenburg.html

Die Lektüre lohnt sich, weil man doch einiges erfährt, das interessant ist. Nehmen wir die Einführung durch Heiko Maas, in der er drei Fragen aufwirft:

  • wie gelang den Nazis die soziale Ausgrenzung von Minderheiten?
  • wie wurden massive Menschenrechtsverletzungen ganzer Gruppen sprachlich verschleiert?
  • Wie hat man es geschafft, dass die Menschen nicht mehr das verfolgte Individuum sahen, sondern nur noch eine Bevölkerungsgruppe, der man pauschal negative Eigenschaften zuschrieb?

Die ersten beiden Punkte haben viel mit Viktor Klemperers LTI (Lingua Tertii Imperii - Sprache des Dritten Reichs, erschienen 1947) zu tun, und mit Sternberger/Storz/Sueskinds Aus dem Wörterbuch des Unmenschen von 1962.

Und trotz allen Sprachgebrauchs, und was wir daraus lernen können, ist gerade heute die dritte Frage sehr interessant, weil sich ähnliches gerade wieder beobachten lässt. “Die Ukrainer kommen alle nur her zu uns, um zu schmarotzen und sich vor dem Krieg zu drücken.”, habe ich schon so gelesen oder gehört. “Sie haben alle Gucci-Taschen, fahren Mercedes, arbeiten nie” (weil man sie tagsüber auf der Straße sieht). Aber über ihre Fluchterfahrungen oder auch nur die Gründe für Flucht wird nicht nachgedacht. Wir sehen kein flüchtendes Individuum, sondern nur eine Bevölkerungsgruppe mit zwielichtigen Eigenschaften. Warum tun wir das? Und reden wir über Sinti & Roma, Araber usw. nicht oft so, indem wir nie das Individuum sehen, sondern immer nur die anonyme Gruppe mit negativen Eigenschaften, die wir ihr andichten?

Warum Frauen in bundesdeutschen Ministerien kaum NS-belastet waren, warum die Autoren hier trotzdem manchmal falschen Respekt vor Nazi-Größen zeigen und woher der heutige Antikommunismus wirklich kommt, habe ich im Blogpost auf Denkpass.de auch angekiekt.

Fazit: Lohnt sich.